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Namibia das Land der Wüste, wo Dürreperioden Normalität sind

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Immer wiederkehrende Nachrichten von einer „unglaublichen“ Dürre in Namibia, die zu den schlimmsten seit Menschengedenken gehören soll, erreichen uns jedes Jahr aufs Neue. Dabei vergisst der Mitteleuropäer leicht: Was wie ein Katastrophenszenario klingt, ist in Namibia schlicht Normalität. Das Land gehört zu den trockensten Gebieten der Erde. Längere Regenzeiten sind hier nicht zu erwarten, lediglich die Intensität der Trockenheit variiert. Hier einmal einige Fakten zu Namibia als Wüstenland.

Namibia: Wüstenstaat zwischen Namib & Kalahari

  1. Regen im Sossusvlei

    Namibia ist ein stets arides Land gewesen, d. h., die Verdunstung ist höher als die Regenmenge.

  2. Es gibt niederschlagsarme und niederschlagsreiche Perioden, aber nicht feste Regenabläufe. Sie sind volatil, d. h. sehr stark schwankend und haben verschiedene Rhythmen: mal relativ kurz, um nach 2-3 Dürrejahren zum normalen Regenverlauf zurückzukehren, mal können die Dürreperioden 5-10 Jahre währen.
  3. Rivier mit Wasser

    Die Wasserversorgung, abgesehen von wenigen Städten, ist dezentral und erfolgt durch Brunnen. Diese werden zumeist durch z. T. jahrtausende alte Wasservorräte gefüllt und zum Teil durch Regenwasser in guten Jahren ergänzt. Es handelt sich um sogenanntes juveniles Wasser aus den Regenzeiten der Eiszeiten. Dieses kommt in den Wüsten und Halbwüstenregionen vor, Brunnentiefen von über 150 m und mehr sind dann gang und gäbe.

    Nguni-Rinder sind genügsam

    Das Wasser unterhalb der Sandschichten der trocken erscheinenden Riviere (Trockenflusstäler) füllt dagegen vorwiegend die Brunnen für den aktuellen Bedarf.

  4. Die Nutzung des Farmlands ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten geprägt durch drastische Reduzierung der Bestockung des Viehbestandes. Damit bekämpft man Verbuschung und Überweidung.
  5. Sehr viele Farmen, vor allem Gästefarmen und Lodges, sind zur Wildfarmerei übergegangen. Wildtiere sind wesentlich besser an die Lebensbedingungen von Savanne und Halbwüste angepasst. Sie schonen die karge Vegetation.

    Solaranlage in der Namib Desert Lodge

  6. Alle mir bekannten Lodges und Gästefarmen haben sich z. T. mit höchstem Engagement der Naturbewahrung und dem Naturschutz verschrieben. Wassersparen, mehrfache Wassernutzung (gereinigtes Abwasser z. T. zur Bewässerung, Toilettenspülung) und Nutzung von Solarenergie für Warmwasser und Elektrizität sind nicht umweltpolitische Absichtserklärungen, sondern namibische Realität.

In diesem Zusammenhang will ich gerne zwei unserer langjährigen namibischen Partner zu Wort kommen lassen, deren Einschätzungen und Schilderungen ein differenziertes Bild der Situation vor Ort erlauben: Hilmar Tonnemacher von Abenteuer Afrika und Hermann Rohlfs von Ondili.

Hilmar Tonnemacher, Farmerssohn

Lieber Michael,

wie Du ja weißt, bin ich in Namibia auf der Farm aufgewachsen. Dürre ist ein Wort, das in meinem Elternhaus „immer präsent” war. Das Farmleben besteht aus einem ständigen Hin und Her zwischen einem Gefühl der Hoffnung, des Optimismus und der harten Realität, was das Schicksal bzw. das Wetter einem letztendlich schenkt.
Nach allen fetten Jahren kommen wieder magere Jahre. Dies ist das Naturgesetz. Wichtig ist, dass man in den fetten Jahren vorsorgt, Reserven aufbaut, damit man die mageren Jahre überlebt. Auf unserer Farm waren wir sehr konservativ: Rigoros wurden Regeln eingehalten, die erst meinen Eltern und danach meinem Bruder bis ans Ende ihres Lebens immer das Überleben und Wohlsein auf der Farm ermöglichten.
Die erste Regel: Die Farm ist in viele kleine Camps eingeteilt, die systematisch nacheinander beweidet werden, damit man planen kann. Es muss also gewisse „Sparcamps” geben, die nicht oder nur sehr wenig beweidet werden, um den Nachwuchs der Weide zu stimulieren.
Die zweite Regel: Je nach der Gegend im Land hat jede Farm eine gewisse Tragkraft, die wissenschaftlich festgestellt wurde und die anzeigt, wie viele Tiere auf so einer Farm gehalten werden können. Unsere Regel war, nie mehr als 70 % zu bestocken.
Sobald die Indikatoren einer Dürre sich zeigen, reduziert man seinen Bestand auf eine Kernherde, die je nach Länge der Dürre immer kleiner wird, bis man sich auf dem Minimum befindet, damit die verbliebenen Tiere in den Sparcamps überleben können. Manchmal, in extremen Jahren, ist etwas Zufütterung notwendig – bezahlt aus den Finanzreserven, die man in den guten Jahren angelegt hat.
Dies ist ein relativ einfaches Model. Leider kommt dann die Gier des Menschen ins Spiel, die manch einen Farmer in den fetten Jahren in Versuchung führt, auf 100 % oder noch mehr zu bestocken, ob es nun Wild bei touristischen Farmen oder Nutztiere sind, es kommt aufs Gleiche hinaus. Sparcamps gibt es nicht, und wenn dann die Dürre kommt, schreit man um Hilfe!

Rinder auf der Gästefarm Voigtland

Die Dürre, die Namibia zurzeit erfährt, hebt sich im Gegensatz zu dem, was in den sozialen Medien z. T. behauptet wird, kaum von früheren Dürren ab. Meiner Meinung nach ist die heutige Dürre keineswegs schlimmer als vorherige Dürreperioden, aber durch die heutige Vernetzung der klassischen wie sozialen Medien verbreiten sich die Nachrichten und darauffolgende Kommentare wie ein Lauffeuer und verselbstständigen sich. Halt aber meist ohne gründliche Sachkenntnis!
Natürlich geht es vielen Menschen, die keine Vorsorge getroffen haben, vor allem in den Kommunalgebieten, schlechter als in den fetten Jahren, aber dass es nun die mageren Jahre gibt, ist keinesfalls unerwartet. Dann muss die Regierung eingreifen. Der Tourismus spielt hierbei eine sehr positive Rolle, denn viele Lodges und Gästefarmen haben Farmbetrieb eingestellt und durch Tourismus ersetzt. Dieser ist in den meisten Fällen viel umweltfreundlicher als die Farmerei es war, und durch den Tourismus werden viele Mitarbeiter aus den Kommunalgebieten entfernt, in dem sie auf den Lodges Arbeit bekommen und somit nicht der schon bedrohten Landwirtschaft zur Last fallen.

Rote Dünen im Sossusvlei

Wasser wird in Namibia zum größten Teil von Bohrlöchern zur Oberfläche gepumpt. In der Dürre senken sich die Wasserspiegel in den Bohrlöchern, und manchmal, eher selten, versiegen sie auch temporär, und dann kommt der Regen und alles füllt sich wieder auf.
Die Nebeneffekte der Dürre sind, dass die krankenTiere auf der Strecke bleiben und die gesunden überleben. Die Natur regeneriert sich auch in der Pflanzenwelt, stärker als sie war.
Namibia ist und bleibt ein Wüstenland. Unsere Besucher kommen, um die Wüste zu erleben und nicht grünes Gras auf roten Dünen. In den Parks sind Tiere wegen des wenigen Laubs einfacher zu sehen, und alle kommen an den Wasserstellen zusammen. Namibia bleibt nach wie vor ein beeindruckendes Land, das eine Reise wert ist.

Hilmar Tonnemacher

Ökologisches Wassermanagement bei Ondili

Hermann Rohlfs ist Inhaber der Ondili-Gruppe

Zum Thema Ökologie und Umweltrespekt haben wir in der Ondili-Gruppe ein umfassendes Konzept, das wir konsequent verfolgen.
Das gesamte wirtschaftliche Engagement der Ondili-Gruppe stellt darauf ab, eine positive Ökobilanz zu erreichen. Durch das Vorhandensein einer Ondili-Lodge soll ökologischer Vorteil geschaffen werden – was uns auch gelingt. Am Beispiel des Wasserverbrauchs durch die beiden Desert Homestead Lodges soll das Konzept erläutert werden:

Ondili betreibt zwei Logdes, die Desert Homestead Lodge und Outpost im Sossusvlei-Gebiet, der kritischsten Wasserregion, wo es seit sieben Jahren keinen nennenswerten Niederschlag mehr gab.
Der Verbrauch der Lodges mit zusammen 37 Zimmern beträgt insgesamt 20.000 Liter Wasser/Tag. Gäste, Mitarbeiterwohnungen, Wäscherei etc. sind berücksichtigt. Eine durchschnittliche landwirtschaftliche Farm in der Namib-Region, die Schafe oder Rinder trägt, verbraucht ebenfalls ca. 20.000 Liter Wasser pro Tag.

Desert Homestead Lodge

Ondili hat zehn solcher Schaf- und Rinderfarmen ein Naturreservat um seine Lodges gebildet. Eine Fläche von ca. 100.000 ha Naturreservat ist aus diesen zuvor zehn landwirtschaftlich genutzten Farmen entstanden. Ein Reservat, also eine Naturfläche, verbraucht eine deutlich geringere Menge an Grundwasser als landwirtschaftlich genutzte Farmfläche. Wird eine Farm zu einem Naturreservat, reduziert sich der Verbrauch auf 5.000-10.000 Liter Wasser/Tag. Nicht auf null, da für Wildtiere weiterhin Wasser zur Verfügung stehen muss. Somit werden auf jeder Farm, die in ein Ondili-Naturreservat umgewandelt wurde, 10.000 Liter Wasser/Tag eingespart. Bei zehn Farmen sind es 100.000 Liter Wasser/Tag.Beliebt bei den Besuchern: Pferdeausritte in die Namib-Wüste.
Die Einnahmen aus dem Tourismus ermöglichen das Umwandeln der Nutzung. Arbeitsplätze, die auf ehemals landwirtschaftlich genutztem Farmland entfallen, entstehen neu im Bereich des Naturschutzes. Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen im Tourismussektor. Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen, aber: Das Vorhandensein einer Ondili-Lodge senkt den Wasserverbrauch in den ariden Farmgebieten in Namibia.

Wasserverbrauch auf 10 Farmen (Landwirtschaft) 200.000 Liter/Tag
Wasserverbrauch auf der Lodge (Desert Homestead) 20.000 Liter/Tag
Wasserverbrauch auf 10 Farmen (Naturschutzgebiet) 100.000 Liter/Tag
Ersparnis durch das Ondili-Ökoprinzip 80.000 Liter/Tag
Ersparnis im Jahr 30 Mio. Liter Trinkwasser

Wassersparmaßnahmen für Reisende

  • Wasser nie unnötig laufen lassen, z. B. beim Zähneputzen
  • Kurze Duschzeiten, zwischendurch, z. B. beim Einschäumen, Wasserhahn zudrehen
  • Kaum gebrauchte Handtuecher etc. an den Unterkünften wiederverwenden

Text: Michael Iwanowski, Hilmar Tonnemacher (Abenteuer Afrika), Hermann Rohlfs (Ondili)
Fotos: jeweilige Lodges, Michael Iwanowski, Ursula Iwanowski, Claudia Heinrich

 

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