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Fahrradtour Windhoek – Swakopmund

Namibia einmal anders – mit dem Rad und alleine
Reisebericht über eine Fahrradreise von Windhoek nach Swakopmund im August 2006

von Andreas Maiberger

„Was machst Du für Sachen?“ und „Du musst wohl völlig verrückt sein“ trifft im Kern die Stimmungsbilder meiner Freunde und Familie als ich meinen Entschluss bekannt gab, ganz alleine und ohne Begleitfahrzeug mit dem Fahrrad von Windhoek nach Swakopmund zu fahren. Da ich das Land seit 1999 regelmässig bereise und durch meine berufliche Tätigkeit im Tourismus viele Berührungspunkte mit Namibia habe, hatte ich in der Vorbereitung auf diese etwas andere Reise auch nur kleinere Bedenken, von der auf 1650 Meter hoch gelegenen Hauptsadt Namibias in das gerne als südlichste Nordseebad Deutschlands beschriebenen Swakopmund „zu rollen“.

Natürlich hat es einer Kraftanstrengung im Vorfeld bedurft, um am Samstag, den 12.August 2006 morgens um 07.30 fertig gepackt meinen Drahtesel zu besteigen, der mich in einer Woche und nach knapp 420km bis zum kühlen Atlantik bringen sollte. Allerdings kann man bei keiner Reise alles vorhersehen und entsprechend dafür planen, aber man sollte wissen, auf was man sich einlässt. Da ich plante, abseits der Teerstrasse zu fahren, ergab sich die Notwendigkeit, sich im Falle eines gesundheitlichen oder technischen Defektes selbst helfen zu können. Neben der Erfahrung aus vorhergehenden Radtouren bedarf es guter körperlicher Fitness sowie dem Glauben an das eigene Selbsthilfe- und Improvisationstalent.

Die oft beschriebenen Fly-In Safaris, Pirschfahrten in den vielen Nationalparks und privaten Gameparks, Übernachtungen in luxuriösen Lodges, Quadbiking und nicht zuletzt das so schmackhafte Essen nach dem Sundowner habe ich schon oft in Namibia erleben dürfen. Diesmal sollte alles anders sein, und es sollte eine Reise werden, die mich zu den Ursprüngen Namibias zurückbringen sollte: ich erwartete neben vielfältigen landschaftlichen Eindrücken einer wilden Natur wenig Zivilisation und viel Zeit für mich selbst, interessante Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen und baute auf die schon oft erfahrene Gastfreundschaft der Einwohner unterwegs, die mir vorab auch ein gewisses Mass an Sicherheit versprach. Man muss verrückt sein, dies alles nicht erleben zu wollen, wenn man eine Reise mit dem Fahrrad in diesem Land unternehmen möchte.

Hinweis von der afrika.de-Redaktion: Auf unserer Seite mit Reiseberichten aus Namibia erhalten Sie weitere Eindrücke des Landes.

Zu Hause in Deutschland musste ich zunächst mein robustes 26 Zoll Mountainbike der Marke Ghost auf Vordermann bringen, neue Bremsen, Schläuche und Reifen. Wegen der zu erwartenden Schotterpisten und Dornen ist der Schwalbe Marathon XR das Mass aller Dinge, um möglichst ohne grosse Pannen davon zu kommen. Dazu Ersatzschlauch und -Mantel sowie Flickzeug und Werkzeugtasche. Hinten benutze ich die sogenannten „back-roller“ von Ortlieb, die ein Packvolumen von 40 Litern besitzen, sowie eine weitere Tasche mit 30 Litern Volumen, für die das Zelt, eine Bodenplane, mein Kocher, Bettmatte und Schlafsack vorgesehen waren. Eine Lenkertasche mit dem wichtigsten Kleinkram wie z.B. Kartenmaterial, Schreibstift, Sonnencreme, Werkzeug, Traubenzucker usw. gehört ebenso zur Standard Ausrüstung. Das richtige Kartenmaterial ist zur Abschätzung von Entfernungen und Übernachtungsmöglichkeiten extrem wichtig. Ich nutze topographische Karten im Massstab 1:250,000, die sogar Farmhäuser und Grenzläufe verzeichnet(www.namibiana.de) . In Windhoek selbst kam dann noch Verpflegung in Form von Pasta, Tomatensauce, Brot, ein Glas Nutella, Früchte, Biltong und 10 Liter in Wasserflaschen dazu. Insgesamt betrug mein zu transportierendes Gewicht fast 40Kg. Da es zwischen Windhoek und Swakopmund nun leider keinen Shop oder Tankstelle gibt, kann man sich nicht auf vorbeifahrende Touristen oder Farmer verlassen, die einen durchfüttern

Die Route sollte mich über die anfänglich geteerte C28 zum Abzweig auf die D1412 in den Kuiseb führen, danach auf die D1982 den Us-Hoogte Pass hinunter, an Farm Niedersachsen vorbei und auf direktem Weg in den Namib Naukluft Park, wieder entlang der C28 mit einem Stop an der Blutkuppe und Tinkas Gebiet.

Mühelos klettere ich die ersten 25Km auf Teerpad dem Daan-Viljoen Park entgegen, als mir plötzlich und unerwartet der hintere Gepäckträger abreisst. Alles Gepäck liegt auf der Strasse, worauf ich nun gar nicht vorbereitet war. Glücklicherweise ist eine Farm in der Nähe, bei der mir umgehend und unkompliziert geholfen wird. 2 neue Schrauben fixieren den Gepäckträger, der ab diesem Zeitpunkt wieder einwandfrei hält. Der Farmer war über das viele Gepäck und mein Vorhaben erstaunt, gab mir aber seine besten Wünsche mit auf die Pad.

Dies taten auch die Arbeiter auf einem „Grader“, der die Strasse vor mir glatt bügelte. Ich bin auf Schotter angekommen und trotz vieler gefahrener Schotterpistenkilometer in Namibia erstaunt, wie sehr man sich anstrengen muss, um die Balance auf dem Rad zu halten. Schnell ist man im Sand versunken oder hält beim Bergabfahren den Lenker verkrampft fest, um die von Autofahrern fest gefahrene Spur nicht zu verlassen. Ein Fahrradhelm ist Pflicht in Namibia und sollte auf Grund der gegebenen Sturzgefahr, speziell beim Bergabfahren stets getragen werden. Schnell geht es bergab, nur um unten angekommen wieder dieselbe Wegstrecke berghoch zu fahren. Das strengt an! Gerne erinnere ich mich beim Autofahren an jene „dips“, in denen man dann so richtig Gas gibt, um wieder mit Schwung die nächste Anhöhe zu erklimmen. Da man es bergab mit dem Rad nicht wirklich richtig laufen lassen kann, hat man auch weniger Schwung und schaut betrübt auf den nächsten Gipfel, die schier nicht enden wollen. Oben im kleinsten Gang oder gar schiebend angekommen, geht es fröhlich wieder runter, wohl wissend, ich muss auch wieder hoch. Diese Pisten sind eine Herausforderung für Mensch und Material. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit beträgt auf diesen Pisten maximal 10 bis 15 Km/h, oft darunter, wenn der Untergrund tiefer wird und man trotz Runterschalten stecken bleibt und sich erst wieder neu herausarbeiten muss.

So ergeht es mir die ersten 2 Tage, bis ich endlich den Us-Hoogte Pass erreiche, der mit 12Km Abfahrt gigantisch lang ist. Ein Traum für jeden Radfahrer. Hier fällt es leicht, Kilometer zu machen. Die Abfahrt macht auch deswegen soviel Spass, weil man in einer bezauberten Landschaft fast ganz für sich alleine ist. Gerademal 5 Autos sehe ich an diesem Tag, sonst nichts ausser ein paar Vögeln, Springböcke, 2 Kudus, Rinder- und Ziegenherden. Dieser Teil Namibias ist Farmland, aber mit den wachsamen Augen eines Radfahrers sieht man auch die kleinen Dinge am Wegesrand: schöne Blumen, die nach der starken Regenzeit besonders schön zu blühen scheinen, Schakale, die am Wegesrand ihre Ohren spitzen und mich genauestens, aber in sicherer Entfernung beobachten. Auch zwei Schlangen sind mir über den Weg gelaufen, sich geräuschvoll ins hohe Gras rettend. Im Naukluft Park gibt es später sogar ein Wettrennen mit einem Warzenschwein, das nach 3Km in dem Gefühl abdreht: zum ersten Mal schneller als dieses Auto mit 2 Rädern! Dann die Begegnung mit einem Chamaeleon, das sich in meinem Reifen festklammert und dessen schwarz-graue Mantelfarbe annimmt. Kleinigkeiten, über die man sich sehr freuen kann, vor allem in dem Bewusstsein, dass jeder andere Tourist auf 4 Rädern daran vorbeigefahren wäre. Viele Kleintiere und Insekten kann man auch hören, wenn man die Ohren an der Strasse hat. Man kann sofort anhalten, sich eine kleine Trinkpause gönnen und dabei die Umgebung in Ruhe bestaunen, wofür man sich allzu oft auf der Fahrt von Unterkunft zu Unterkunft keine Zeit nimmt.

Im Tourismus wird mit dem Slogan geworben: „Stay a little bit longer“, vielleicht sollte man ergänzen: „Do it a little bit slower“? Die Attraktionen kommen von ganz alleine, das Land bietet es, man muss es nur selbst mit etwas Zeit aufspüren. Das Gefühl, mit sich alleine zu sein, stellt sich schon sehr schnell ein, aber es ist ein Genuss, dies in dieser grandiosen Weite und Leere, die Namibia zu bieten hat, selbst zu erleben. Unterbrochen wird meine Einsamkeit lediglich von entlegenen Farmhäusern, die ich auf meinem Weg passiere und die mir eine Übernachtungsmöglichkeit bieten, auch wenn der Farmer nicht zu Hause ist. So kommt es, dass ich die ersten 2 Nächte in der Nähe von Farmhäusern verbringe, dort auch Wasser zum Nachfüllen meiner Vorräte vorfinde, aber alleine, bzw. mit den dort arbeitenden Farmhelfern bleibe. Die Nacht kommt schnell. Ist es um 15Uhr mittags noch recht heiss, werden ab dann die Schatten merklich länger, bis es gegen 18Uhr im Nu stockfinster wird. Bis dahin muss ich meine Bleibe für die Nacht gefunden haben und fertig für die Nacht sein. Durch das ständige Auf und Ab im Khomas Hochland liege ich mit Einbruch der Dunkelheit in meinem Zelt und schlafe durch bis zum ersten Sonnenlicht am nächsten Morgen. So lange schlafe ich zu Hause normalerweise nicht, schon gar nicht so tief und fest.

Am dritten Tag, nach einem zermürbendem Ritt über mehrere Berge und durch das Tal des Kuiseb auf der D1412, entzerrt sich das Landschaftsbild endlich und geht in ein eher gewelltes Relief über, Balsam für die geschundene Radfahrerseele. In diesem Abschnitt liegt die Gästefarm Niedersachsen, auf der ich die nächsten 2 Nächte verbringe und mich von den Strapazen des Khomas Hochlandes völlig erhole. Hier ist man Familienmitglied und kann so richtig die Seele baumeln lassen, wenn man nicht wie ich an allen Aktivitäten des Farmlebens teilnehmen möchte. So verladen wir erstmal einen Pick-Up voll Lämmer von der einen Ecke der Farm in die andere. Niedersachsen ist 18.000 Hektar gross. Die Fahrt über das leicht hügelige Farmland im hohen von der Sonne goldgelb beschienenen Gras ist ein Traum, den man wirklich nur abseits der ausgefahrenen Pisten erleben kann. Ich fahre mit dem Farmer Stunden über das Gelände und bin einfach nur noch glücklich, hier zu sein.

Anderntags helfe ich beim Abmontieren eines Windrades, das in der Vergangenheit für die Förderung von Wasser genutzt wurde, aber leider kein Wasser mehr zu Tage bringt. Es ist die Arbeit eines ganzen Tages, schweisstreibend in der Hitze eines zu dieser Jahreszeit immer wolkenlosen Himmels. Ich nutze die Zeit, um die Umgebung etwas zu erkunden. Hier gibt es kleine Trockenflusstäler mit blühenden Anabäumen, schneeweisse Quarzfelsen, die sich herrlich gegen den mächtigen Gamsberg im Hintergrund abheben oder das „Südwester-Enzian“, das nach dem reichlichen Regen in diesem Jahr auch in voller Blüte steht.

Zum Abendbrot ist der Tisch reichlich gedeckt, hier wird sicher niemand hungrig gehen müssen, aber das geräucherte Kudufleisch ist eine Erwähnung wert, sicherlich das beste, was ich an Trocken- oder Räuscherfleisch je geniessen durfte. Ein befreundetes Ehepaar der Farmbesitzer hat es aus Windhoek mitgebracht, und eine Unmenge an alten Südwester Geschichten, die schier unglaublich sind und einen tollen Unterhaltungswert haben. Das gibts nicht im Hörbuchhandel, aber bleibt als einmaliges Erlebnis in meiner Erinnerung haften. Auf der Farm lerne ich auch Rinus kennen, der mich spontan zu einem Aufenthalt auf seiner Farm Ruimte, nur 35Km entfernt, einlädt. Diese Gastfreundschaft ist sprichwörtlich. So mache ich mich am nächsten Tag zu einer Kurzetappe zu dieser Farm auf, die mit 40,000 Hektar Land direkt an den Namib Naukluft Park angrenzt. Die Grösse und Weite der Farm ist unglaublich, man kann gar nicht so weit schauen, bis man am Horizont die Berge der Grossen Randstufe und den Gamsberg(2351m) sieht, wo die Farm irgendwo im Nichts endet. Ich gehe mit Rinus und seiner reizenden Ehefrau Reni auf Erkundungsfahrt und sehe Herden von Gemsböcken oder Oryx-Antilopen, das Nationaltier Namibias, sehe Straussenvögel mit ihrer Küken, Zebraherden, Rinder und Unmengen von Springböcken, die himmelhochjauchzend in die Luft springen, um auf sich aufmerksam zu machen. Rinus hat auch einen Schafhirten angestellt, der nach den Schafen Ausschau hält und inmitten des Farmgeländes ein sehr dürftiges, aber zufriedenes Leben führt. Ich denke, er muss noch einsamer sein als ein Radfahrer, der sich wenigstens fortbewegen kann, um Neues im Leben zu entdecken. Kilometerlang war die Fahrt zu diesem Hirten, genauso lange ist die Rückfahrt hinein in den rötlichen Sonnenuntergang Namibias. Die Aasgeier auf den scheinbar toten Bäumen geben gegen den sich verfärbenden Himmel ein spektakuläres Bild ab, haben uns glücklicherweise aber nicht auf ihrer Menükarte. Unsereins stärkt sich am Abend bei einem traditionellen braii, das aus Lammfleisch und den köstlichen Boerwors besteht, zur Spirale geformte Bratwurst. Die Reste ergaben mein Mittagsmahl am nächsten Radltag. Müde von den Erlebnissen dieses Tages und nach der Reparatur meines einzigen Platten, den ich mir sozusagen direkt auf der Zufahrt zur Farm eingehandelt habe, gehe ich zu Bett.

Früh morgens verlasse ich nach einem herzhaften Frühstück mit selbstgebackenem Brot und frischen Eiern die Farm. Lange muss ich an die nette Aufnahme und das Angebot einer Übernachtung bei Rinus und Reni denken und freue mich über diese unerwartete Gastlichkeit und Freundschaft. Trotz der Weite und Kargheit des Landes haben es diese Menschen verstanden, Vetrautheit und Nähe Fremden gegenüber zu vermitteln. Rinus‘ Vater hatte uns am Vorabend auch besucht und klargemacht, dass ich vor der Einfahrt zum Namib Naukluft Park meine Wasservorräte auffüllen muss, da es im Park und bis Swakopmund weder Wasserhahn noch Einkaufsmöglichkeit gibt. So hat er mir einen 20 Liter Kanister Wasser am Wegesrand belassen, den ich am nächsten Tag nach gut 30Km an der Zufahrt zu seiner Farm auch vorfinde. Glücklich über diesen Zustand dusche ich meinen Kopf ab und fülle alle vorhandenen Trinkgefässe auf, so dass ich guten Mutes auf gerader und leicht abfallender Strecke am sechsten Tag durch das Eingangstor zum Namib Naukluft Park radle.

Wenn auch die Nächte um die 10 Grad Celsius recht kühl sind, so steht die Sonne um 10 Uhr schon fast im Zenit und brennt sehr intensiv. 30Grad Celsius werden es tagsüber problemlos, allerdings ist diese Hitze leichter zu ertragen als bei uns in Deutschland, da die Luftfeuchte sehr gering ist. Am Anfang meiner Tour in Windhoek waren es gerade mal 5% Luftfeuchte! Das bedeutet zum einen wenig Schwitzen, obwohl man trotzdem viel Flüssigkeit über den Körper verliert, zum anderen trocknen Nasenraum und Rachen im Nu aus, so dass man ständig trinkt. Eine Salbe gegen austrocknende Nasenschleimhäute hilft. Ich trage eine lange, leichte Baumwollhose, hauptsächlich, um mich vor der Sonne zu schützen. Angefeuchtet bietet sie zudem einen kühlenden Effekt. Nur mein Gesicht und die freien Arme bekommen etwas Sonne ab. Hoher Lichtschutzfaktor schützt vor einem Sonnenbrand, den man sich sonst in ein paar Minuten eingefangen hat. Immer wieder habe ich auf dieser Tour meine Stops so eingeplant, dass ich entweder unter dem Schatten eines Baumes sass oder neben einem Bauwagen oder Schild, das etwas Schatten abwarf. Im Naukluft Park ändert sich die Situation schlagartig, denn hier gibt es keinen Baum, keine grossen Schilder, nichts, was auch nur im geringsten vor der Sonne schützen würde. Das wissen auch die nervenden Fliegen, die sich zahllos an meinem Kopf festsetzen und keine Tabus kennen. Die C28 ist in vielen Teilen wie Wellblech, zum Radfahren äusserst unangenehm. Der Sattel sollte also gut gepolstert sein. Die Pad geht wie an der Schnur gezogen geradeaus und verschwindet erst am Horizont nach vielen Kilometern. Schwarze Punkte neben der Pad machen Hoffnung auf einen schattenwerfenden Baum, sie entpuppen sich aber als Gestrüpp oder Flechten, die mehr und mehr auftreten, je näher man sich dem Feuchtigkeit spendenden Atlantik nähert.

Mein heutiges Ziel ist die Blutkuppe, ein rund abgeschliffener Granit-Inselberg, der seinen Namen der roten Verfärbung bei Sonnenuntergang verdankt. Ich habe bereits in Windhoek ein Permit für den Aufenthalt im Namib Naukluft Park sowie für den Campingplatz an der Blutkuppe besorgt. Die Campingplätze liegen um den Berg verteilt, mit teils grandioser Aussicht in die Umgebung. Besteigt man den Berg zum Sonnenauf- oder -untergang bekommt man Namibia aus dem Bilderbuch serviert. Die Ausblicke sind unendlich, die Berge am Horizont färben sich rot, das Gras ist golden und einzelne Tiere sind auf Futtersuche. Naturliebhaber – was willst Du mehr? Kein Mensch zu sehen, nur Natur und ich. Die Sonne geht hinter dem Langen Heinrichberg unter und ein weiterer fabulöser Radtag geht zu Ende. Ein Tag Ruhepause nutze ich, um die Umgebung der Blutkuppe mit dem Rad zu erkunden. Die als 4X4 ausgewiesene Pad zu den zwei Gräbern der deutschen Schutztruppler am historischen Baiweg nehme ich mit Leichtigkeit, ich habe mein Gepäck am Zeltplatz zurückgelassen. Die Landschaft ist höchst abwechslungsreich, es geht durch Geröllfelder, vorbei an grossen Granitkugeln und durch sandige Flusstäler. Als ich im Schatten eines windgeschützten Felsenrund sitze und meine Tagebuchnotizen schreibe, mache ich Bekanntschaft mit zwei Wüstenmäusen, die der nicht findet, der ohne Zeit und Musse reist.

Das letzte Teilstück von der Blutkuppe nach Swakopmund ist 124Km lang, und ich schaffe es an einem einzigen Tag. Es ist ein besonderer Tag, denn auf der kompletten Strecke gibt es nur ein einziges Mal Schatten: ein Süsswasser transportierender LKW, dessen farbiger Fahrer am Strassenrand parkt und seine Mittagspause einhält. Im Verlauf des Gesprächs erfahre ich, dass Ernst-Ludwig, so sein bürgerlicher Name, ehemaliger Polizist aus Swakopmund ist und sich sehr für mein Radabenteuer interessiert. Gleich sitzt er auf meinem Mountainbike und fährt eine Runde. Er findet es klasse und lässt es sich nicht nehmen, stolz für das Foto zu posieren, das ich ihm gerne zuschicken werde.

Da ich schon direkt nach Sonnenaufgang um 7 Uhr losgefahren bin, habe ich genug Zeitpuffer für die Ankunft in Swakopmund. Nach der Hälfte der Strecke erreiche ich den Abzweig zum Langen Heinrich Uranium Project. Bis hierher führt die neue Pipeline Wasser von der Küste in das neue Bergbaugebiet. Ab hier bin ich der Zivilisation ein gutes Stück näher, den ich kann die beginnende Industrialisierung fühlen. Regelmässiger Autoverkehr, Zigarettenabfälle und Wartungsarbeiten an der Strasse, ich sehe wieder Menschen. Es wird merklich kühler, denn der kalte Atlantik lässt mit strengem Gegenwind herzlich grüssen. Man fühlt das Ende der Tour und das Ziel sehr nahe, aber es zieht sich ungemein bis Swakopmund. Am Horizont glaube ich die Türme und Bäume der Stadt wie eine Fata Morgana zu erkennen, sie entpuppen sich leider als die Power Station 30Km vor dem eigentlichen Ziel. Mit der Hitze und der Länge des Tages lassen auch die Kräfte nach. Ich bin froh, als ich gegen 16.30Uhr an der Mole in Swakopmund sitze und dort von Freunden in Empfang genommen werde. Das erste Windhoek Lager Bier, der Hesse sagt in solchem Moment: „Zischt wie Appelsaft“.

Fazit: Nichts für Einsteiger, aber lohnenswert wegen der Nähe und Intensität der Erfahrung mit der Natur und den Menschen, die darin leben. Sicherlich eine der schönsten, wenn auch anstrengendsten Namibia Reisen, die ich je unternommen habe.

Nachfragen bei: Andreas Maiberger

Beispielfoto: Claudia Heinrich

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